Predigerschulgemeinschaft Wittenberg-Erfurt e. V.

   
Predigerschulgemeinschaft Wittenberg-Erfurt e. V. Predigerschulgemeinschaft Wittenberg-Erfurt e. V.

Predigerschule

Die Ausbildung an der Evangelischen Predigerschule der Kirchenprovinz Sachsen in Wittenberg und Erfurt 1948 – 1993
Ein Beispiel für den Zugang zum Pfarramt auf dem zweiten Bildungsweg*

Hans-Joachim Kittel

Die Geschichte der Predigerschule spiegelt die Zeitgeschichte und Kirchengeschichte im Deutschland der Nachkriegszeit in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR. Die Gründung der Schule im Juni 1948 erfolgt in der Not der unmittelbaren Nachkriegsjahre. Sie verdankt sich dem Willen, aus den Erfahrungen der Bekennenden Kirche und den Erlebnissen von Krieg und Gefangenschaft zu lernen und diese in den Dienst von Neuordnung und Wiederaufbau zu stellen.
Der Umzug nach Erfurt im Spätherbst 1960 und die Umgestaltung der Ausbildung fällt zeitlich nahezu zusammen mit dem Bau der Berliner Mauer am 13.8.1961 und der damit beginnenden totalen Abschottung der DDR. Die Kirchen reagieren darauf mit der Gründung des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR und den damit einhergehenden Bemühungen um Zusammenführung des kirchlichen Handelns der acht evangelischen Landeskirchen – auch im Blick auf die Ausbildung. Denn der real-existierende Sozialismus verlangt ein gegenüber den Jahren nach dem Krieg verändertes Leben der Kirchen, auf das vorzubereiten die Ausbildung Hilfen geben muss. Das in der Predigerschule Erfurt erarbeitete und praktizierte Konzept ist Ausdruck dessen.
Mit dem Ende der DDR ab Herbst 1989 und der schrittweise wiedergewonnenen Einheit der Deutschen in ihrem Land und ihrer Kirche ist leider das Ende der Predigerausbildung nicht mehr fern, da die Landeskirchen der „alten“ EKD den Zugang zum Pfarramt auf dem zweiten Bildungsweg längst abgeschafft haben. Auch die Zusammenführung der beiden Predigerschulen Erfurt und Paulinum in Berlin im „Theologischen Seminar Paulinum“ im Herbst 1993 hat bedauerlicherweise diese Entwicklung nicht aufzuhalten vermocht.

Wittenberg 1948 – 1960

Der Beginn der Evangelischen Predigerschule am 1. Juni 1948 in den Räumen des Augusteum in Wittenberg ist der Initiative von Propst D. Wolfgang Staemmler zu danken. Erst im Laufe der Zeit und zögerlich wird vom Konsistorium und von der Kirchenleitung bestätigt und anerkannt, dass für sogenannte „Spätberufene“ auf dem zweiten Bildungsweg ein Zugang zum Pfarramt eröffnet werden soll. Voraussetzung ist eine abgeschlossene Berufsausbildung und die erkennbare Eignung der Bewerber für den Zweitberuf.
Anfangs handelte es sich häufig um Kriegsteilnehmer oder auch Heimatvertriebene, die einen neuen Anfang machen und den Beruf wechseln möchten. Viele von ihnen haben Familie. 1951 nehmen die ersten Prediger nach bestandenen Examen ihre pfarramtliche Tätigkeit auf. Aber erst nach dreißig Jahren sind sie denen gleichgestellt, die die traditionelle Universitätsausbildung durchlaufen haben; die EKU-Ostregion verabschiedete 1978 das Predigergesetz, das in der Praxis von den lutherischen Landeskirchen anerkannt wird und für Prediger und Pfarrer die einheitliche Dienstbezeichnung „Pfarrer“ einführt.
Hintergrund für die Gründung der Schule ist einmal die große Not, die überall herrscht, nach Abhilfe schreit und neue Wege beschreiten lässt, speziell der Pfarrermangel mit den zahlreichen Vakanzen; andererseits die Hoffnung vieler Menschen, in der Verkündigung der Kirche Trost und Stärkung für Glauben und Leben zu finden, weswegen in dieser Zeit Gottesdienst und Bibelstunden gerade von Heimatvertriebenen und vom Krieg Gezeichneten gut besucht sind. Gebraucht werden Menschen, die bereit sind, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Ziel der Ausbildung sind also – nach einem häufig zitierten Wort des ersten Rektors der Schule Erich Reusche – „schlichte Prediger des Wortes, ganze Pastoren“, nicht „halbe Theologen“.
Das theologische Fundament der Schule wird von Männern der Bekennenden Kirche gelegt. Das ist kein Zufall, denn in dieser sind „in ganz eigentümlicher Weise Gemeinde und Theologie einander ganz nahe gekommen“ (E. Wolf in RGG). So steht mit der stillen Zeit am Morgen und der ersten Arbeitseinheit „Bibelarbeit“ die Beschäftigung mit der Schrift an jedem Unterrichtstag im Vordergrund und im Mittelpunkt der Ausbildung. Die kleine Zahl der Teilnehmer – in der Regel zwölf im Kurs – erlaubt, verlangt aber auch das intensive Gespräch. Das Zusammenleben auf engem Raum und unter sehr bescheidenen äußeren Bedingungen – außerdem ist Schmalhans oft Küchenmeister – lassen keine Zeit für allzu viel Theorie und Spekulation. Jeder sieht die praxis pietatis des anderen, und das ist nicht nur hilfreich, wahrscheinlich aber eine heilsam-nüchterne Vorbereitung auf den angestrebten Beruf.
Die Bewerber sind in aller Regel hoch motiviert und engagierte Leute. Das nach dem ersten Ausbildungsjahr fällige Praktikum von wieder einem Jahr fordert sie in erstaunlichem Maße. Die von Bischof Müller herausgegebene Richtlinie für Praktikanten besagt: der Tagesablauf des Seminars mit stiller Zeit am frühen Morgen, dem Schwerpunkt eigener theologischer Arbeit zwischen 9 und 11 Uhr sowie Hausbesuchen bei Gemeindemitgliedern am Vormittag und der Mitarbeit bei Christenlehre und Junger Gemeinde am Nachmittag werde auch für das Praktikum empfohlen; eine Überlastung der Brüder solle ausdrücklich vermieden werden; aber das zu leistende Pensum: eine Predigt aller drei Wochen, später aller zwei Wochen, Führung eines Jugendkreises, vier Stunden Christenlehre pro Woche, von Zeit zu Zeit Übernahme einer Bibelstunde, gelegentliche Übernahme einer Trauung und Beerdigung – ist allerdings enorm! Die vorhandenen Berichte sowohl der Praktikanten als auch der Praktikumsleiter bezeugen, dass den Erwartungen durchaus entsprochen wurde.
Auf das Praktikum folgt ein weiteres Jahr in der Schule, nach drei Ausbildungsjahren dann die Prüfung. Für weitere fünf Jahre ist der Besuch der immer im April stattfindenden Predigerrüste für alle verbindlich (letztmalig im Jahr 1981 durchgeführt). Die Lehrenden sind Rektor Reusche (ab 1950 mit der Leitung beauftragt), Propst D. Staemmler (Propst des Kurkreises und ab 1951 zugleich wieder Direktor des Predigerseminars im Augusteum) und ab 1950 Dr. Horst Orphal als Inspektor, dazu einige nebenamtliche Dozenten, die als Pfarrer in der unmittelbaren Umgebung von Wittenberg Dienst tun, aber auch der Leiter der Lutherhalle Prof. Thulin und KMD Aps. Eine Arbeitseinheit „Sprechübungen“ gehört von Anfang an zum Programm, ebenso eine diakonische Aufgabe für jeden Schüler im Paul-Gerhardt-Stift in Wittenberg. Typisch für die Predigerausbildung ist (so Inspektor Michael, seit 1956 Nachfolger von Dr. Orphal, brieflich) von Anfang an:
a.) der Praxisbezug durch die tägliche Bibelarbeit und die katechetischen und homiletischen Aufgaben in den Gemeinden,
b.) die Mühe um geistliches Leben in den täglichen Morgen- und Abendandachten und die vita communis im Internat mit großer Nähe zu Rektor und Inspektor,
c.) das Einbeziehen der Verlobten oder Ehefrauen der Schüler in der jährlich stattfindenden Rüstzeit am Ende des Sommersemesters.

Erfurt 1960 – 1993

Der Wechsel der Schule nach Erfurt in das im Wiederaufbau befindliche Augustinerkloster wurde notwendig, weil das in Wittenberg im Augusteum seit 1871 untergebrachte Predigerseminar der Preußischen Landeskirche inzwischen wieder eröffnet worden war und seinen angestammten Platz selbst benötigte. Gleichzeitig erwies sich eine Veränderung der Strukturierung der Ausbildung als erforderlich, die Zeiten hatten sich im Vergleich zu den „Gründungsjahren“ nach dem Ende des zweiten Weltkrieges erheblich geändert. Infolgedessen gab es auch in Erfurt bezeichnende Unterschiede. In Stichworten: In der Theologie herrschte anfangs die Dominanz der Wissenschaft mit dem Wiederaufleben der historischen Fragen („postbultmannian situation“) – aufgenommen durch die Akzentuierung der Schule von dem 1963 dahin berufenen Rektor Gutjahr, damit verbunden der Ausbau des Griechischunterrichts mit dem Ziel, das NT im Urtext lesen zu können, das auch weithin erreicht wurde. Später folgte der Einfluss der de Humanwissenschaften - besonders Psychologie und Soziologie – auf die Theologie, der zu den „horizontalen Tendenzen“ führte, sowie das Herüberschwappen revolutionärer Ideen der „Achtundsechziger“, die von einem Teil der Studenten lebhaft aufgegriffen wurden und so das Gesicht der Schule, nicht aber ihr eigentliches Profil veränderten. Die Probleme des Lebens und der Gesellschaft – Fragen nach Autorität, Sexualität, die Rolle der Frauen – verlangten ihr Recht und damit eine stärkere Berücksichtigung im Lehrprogramm. So kamen neben den vorhandenen Praktika (katechetisches nach dem dritten, homiletisches nach dem sechsten Semester) verstärkt Praxisbezüge in den Semesterablauf in Gestalt von regelmäßigen Einsätzen in der Erfurter Stadtmission, von Kurzpraktika und Arbeitseinsätzen von allen zu Semesterbeginn.
Schließlich ist die für die Schule in Erfurt verbindlich gemachte gemeinpädagogische Konzeption zu nennen als Folge der von der Bundessynode in Auftrag gegebenen Arbeit der Ausbildungskommission, die eine Reform für die gesamte von der Kirche verantwortete Ausbildung (nicht nur Theologen) vorbereiten sollte – daran aber leider scheiterte.
Unter dem Rektorat von Pfarrer Ammer und im Fach Gemeinpädagogik von Propsteikatechet Köstlin wurde dies alles in die Tat umgesetzt. Dem diente auch der seit 1983 geltende Dekadenrhythmus (s.u.).
Andere Zeiten, andere Fragen, andere Aufgaben, andere Studenten, immer aber das gleiche Ziel: Ausbildung für die Arbeit in der Kirche und Gemeinde, die in der Umgebung DDR mehr und mehr zur Minderheit wird und immer weniger mit traditionellen Formen von Glauben und Frömmigkeit rechnen kann. Aus diesem Grund wird Modell für den Theologen/die Theologin in der Gemeinde nicht so sehr ein Träger/eine Trägerin eines „Amtes“ (mit vornehmlich monologischer Verkündigung), sondern eher der Fachmann/die Fachfrau für Theologie im Gespräch mit anderen Mitarbeitern und Gemeindemitgliedern im Dialog auf der Suche nach den besten Argumenten und den am ehesten gangbaren Wegen: der Gemeindepädagoge/die Gemeindepädagogin. Seit „Predigerschüler“ und Theologen der sechs Sektionen der Universitäten nach bestandenem Examen und ihrem Lehrvikariat gemeinsam die Predigerseminare besuchen und auch in der zweiten Theologischen Prüfung (dem Examen pro ministerio) gemeinsam antreten, zeigt sich, dass das von der Predigerschule verfolgte Konzept durchaus sinnvoll ist und eine gute, in Teilen vielleicht sogar dem universitären Studium überlegene Ausbildungsform darstellt. Denn hier wird – nach einer humorvollen, aber treffenden Formulierung von Rektor Dr. Henschel – unterrichtet und gelernt „möglichst wenig von dem, was man später ohnehin nicht braucht.“
Die Bewerber sind in den Erfurter Jahren meist jüngere Leute (zwischen 22 und 30 Jahren alt). Viele von ihnen stammen aus christlichen Elternhäusern, sind Glieder der Jungen Gemeinde und werden deshalb nicht zur Erweiterten Oberschule (die allein zum Abitur führt) zugelassen, weil sie nicht an der Jugendweihe teilgenommen haben und/oder nicht Mitglied des Jugendverbandes FDJ sind. Sie alle haben einen Beruf erlernt (die Planwirtschaft in der DDR hat es möglich gemacht), diesen aber häufig nicht gewünscht und wechseln daher gern. Ohne Abitur ist für sie der Weg zu den drei kirchlichen Ausbildungsstätten mit akademischen Level in Berlin, Leipzig, und Naumburg (alle drei werden erst von der letzten Regierung der DDR als Kirchliche Hochschule anerkannt) nicht offen. Oft haben gerade sie eine starke geistliche Motivation, und es wäre bedauerlich, wenn sich die Kirche dieses Potentials begäbe, nur weil es bisher nicht üblich war, ohne Abitur und akademisches Studium zum Pfarramt zu gelangen (Argument OKR Dr. von Rabenau für Predigerschulausbildung). Weiterhin ist nicht einzusehen, warum in einer Zeit, in der viele ihren erlernten Beruf nicht (mehr) ausüben, sondern in einen anderen wechseln, dies beim Pfarrberuf nicht möglich sein soll – zumal der Entschluss zum Berufswechsel in einem höheren Lebensalter in der Regel gut überlegt ist und stabil bleibt.
Als die jungen Menschen, die von der charismatischen Bewegung erfasst sind, zur Predigerschule kommen, bedeutet dies eine Bereicherung, zugleich aber auch eine Belastung für das gemeinsame Leben und Theologisieren. Gibt es jedoch gleichzeitig auch Bewerber und Studierende, die aus einer atheistischen oder völlig kirchenfremden Umgebung kommen, durch Kirchentage oder neuerdings in der Kirche vorfindliche „Gruppen“ zu Glauben und Gemeinde gefunden haben und deswegen wenig Verständnis für charismatisch orientierte Frömmigkeit oder Theologie aufbringen. Dennoch werden die Spannung im allgemeinen verkraftet. Bis zum Ende der Schule gibt es einige Bewerber, die nahe an den die Aufnahmemöglichkeit als Altersgrenze gesetzten 40 Jahren stehen und so bereits reiche Lebens- und Berufserfahrungen mitbringen.
Aufs Ganze gesehen kann man sagen, im Vergleich zu Wittenberg hat bei den Studierenden ein Generationswechsel stattgefunden. Der Lehrkörper besteht ausnahmslos aus Leuten, die aus dem Pfarramt kommen (erst drei, dann vier hauptamtliche Dozenten). Was sie lehren, haben sie selbst erprobt, ihre Theologie ist bestimmt von ihrer pfarramtlichen Arbeit und diese wiederum wird geprägt von den theologischen Erkenntnissen und Entscheidungen ihrer Lehrtätigkeit. Die Studenten haben jederzeit die Möglichkeit, die Gemeinden ihrer Dozenten zu besuchen und die ihnen vorgetragene Theorie praktisch zu erleben.
Das gemeindepädagogische Profil soll den Studenten ein Mitspracherecht bei der Auswahl und Gestaltung des Stoffes ermöglichen – in der DDR mit ihren parteiamtlichen Restriktionen in allen Bereichen eine seltene Ausnahme. Der seminaristische Stil mit festen Unterrichtsgruppen, -zeiten und –plänen (wie schon in Wittenberg) wird beibehalten. Der seit 1983 geltende Rhythmus von acht Dekaden pro Semester mit etwa 50 Unterrichtsstunden (Dienstag 8h bis Donnerstag der folgenden Woche 13h) schließt den gemeinsam erlebten Sonntag ein. Jede Dekade wird mit einer Abendmahlsandacht eröffnet. An jedem Tag findet mittags eine Andacht statt, die von Studenten gestaltet wird, und zu der die Besucher des Augustinerklosters eingeladen sind. Das in der Mitte der Ausbildung angesiedelte gemeinpädagogische Praktikum im 5. Semester wird im 4. gut vorbereitet und im 6. intensiv ausgewertet. Es bedeutet eine erste Bewährungsprobe in der Gemeinde. Im Vordergrund steht die Arbeit mit Kindern und ihren Eltern, mit Jugendlichen und Jungen Erwachsenen bei Familiengottesdiensten, Familientagen, Rüstzeiten, Hausbesuchen. Es gibt aber auch traditionelle Gemeindearbeit, allerdings ohne Predigtaufgaben.

Dieses halbe Jahr lässt Stärken und Schwächen der Praktikanten erkennen und bedeutet immer einen starken Motivationsschub für die folgenden Semester, nicht selten auch für den Wunsch nach dem späteren Einsatz in der Gemeindearbeit.
Durch die Zwischenprüfung nach dem vierten Semester in den Fächern Griechisch, Bibelkunde, Philosophie und Kirchengeschichte (bis 1900) ist ein gutes Fundament gelegt und sind die höheren Semester entlastet, wobei aber Dogmatik und Gemeindepädagogik von Anfang unterrichtet werden.
Auch Elemente der studentischen Selbstverwaltung schließt die gemeindepädagogische Konzeption ein. Sollten doch bereits die Studierenden den in der Gemeindearbeit so dringend benötigten Dialog und die Bereitschaft und Fähigkeit zu Zusammenarbeit mit anderen und oft recht unterschiedlichen Begabungen und Besonderheiten kennen und aushalten lernen.
Wichtig ist schließlich die Bindung aller Studenten an eine bestimmte Kirchgemeinde in der Stadt oder Umgebung für die Dauer der gesamten Ausbildung. Hier werden die homiletischen Aufgaben als Lektor, Liturg und Prediger erfüllt und - wenn es gut geht – Kontakte zu Kreisen und Mitarbeitern dieser Gemeinde hergestellt. Gottesdienste der Schule zu Beginn und Ende jeden Semesters sowie ökumenische Besuche an je einem Sonntag im Semester vertiefen die geistliche Komponente. Gastvorlesungen, Studienfahrten, Feste und Feiern runden das Konzept ab, Theologie, Kirche, Glauben, Alltag, Leben und Frömmigkeit möglichst nahe aneinander zu bringen.
Gute Kontakte bestehen zu Kirchenleitung und Konsistorium in Magdeburg, aber auch zu allen andern Kirchen des Bundes, die Studierenden in der Schule haben. Durch regelmäßige Besuche aus dem Predigerseminar der EKHN in Herborn sowie aus der Patengemeinde Dortmund-Kirchhörde (durch persönliche Bekanntschaften entstanden) kommen Hilfen in Gestalt von Büchern, dem in der DDR stets als Engpaß bestehendem Büromaterial, zu aller Freude auch Kaffee, vor allem aber die Erfahrung, nicht allein gelassen zu sein. Nach dem Fall der Mauer werden Besuche in Richtung Ost nach West möglich und dankbar genutzt.
Jährliche Treffen mit dem Paulinum und aller zwei Jahre stattfindende Begegnungen mit den Kollegien der Seminare der Methodisten in Klosterlausnitz und der Baptisten in Buckow bringen interessante Akzentuierungen der jeweiligen Ausbildungsformen zur Kenntnis. Kontakte zum KOS Naumburg sind selbstverständlich und regelmäßig.
Schriftverkehr, Gespräche und Verhandlungen mit städtischen und staatlichen Dienststellen ergeben sich bei Wohnungsfragen, Anträgen auf Freistellung vom Wehrdienst, den Anträgen auf Ermäßigung für Reichsbahnfahrkarten. Sie unterscheiden sich nicht von denen, die diese mit anderen kirchlichen Organen oder Dienststellen führen.
Das MfS beobachtete die Schule, wie sich inzwischen aus den Unterlagen ergibt, greift aber nicht in ihr Leben ein. Eine besondere Akte „Predigerschule“ gibt es (bis jetzt) nicht.

Fragt man abschließend noch einmal nach dem Proprium dieser Ausbildungsform, so ist zu antworten:
1. für die Bewerber als Voraussetzung das höhere Lebensalter (zwischen 20 und 40 Jahren), eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine mindestens einjährige Erfahrung in diesem Beruf; die persönlich vertretene Motivation für den Berufswechsel,
2.für die Ausbildung die geistliche Komponente als integrativer Bestandteil, verbunden mit Praxiselementen von Anfang an, einem gemeindepädagogischen Praktikum in der Mitte der Studienzeit, einer Zwischenprüfung nach den vierten Semester sowie der Bindung eines jeden Studenten an eine Kirchgemeinde für die gesamte Dauer der Ausbildung,
3. die Möglichkeit der vita communis im Internat der Ausbildungsstätte für alle, die das wünschen; Einüben in das Leben der Gemeinde und der Gemeinschaft durch Studienfahrten, Feste, Feiern; Mitbestimmung des Semestergeschehens in der Schulvollversammlung,
4. der enge Kontakt zwischen Predigerschule und Kirche(n), der für Lernende und Lehrende gleichermaßen gilt – kein erhaltenswertes Erbe?

 

*erstveröffentlicht in hso 3/1996

 
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letzte Aktualisierung am 06.01.2024